BUND Regionalverband Nordschwarzwald

Gruppe Althengstett: Schwalben, Unken, Teiche und Streuobst

Eine warme Brise weht uns ins Gesicht als wir uns am Nachmittag an der Grundschule in Ottenbronn treffen. Mit dabei sind Barbara Fischer mit ihrem Hund, Armin Winterstein, Karin und Einhard Buob und André Pilarski, der ein bisschen zu spät mit dem Fahrrad angeschossen kommt. Bei den Temperaturen auch kein Wunder. Ich merke schnell, dass jede und jeder eine eigene spannende Geschichte zu erzählen haben.

 

Mit der Ortsgruppe Althengstett unterwegs Gemeinsame Erkundung rund um Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)
Gemeinsame Erkundung rund um Althengstett Exkursion mit BUND Gruppe Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Da ist Barbara mit ihrem Hund, die irgendwie über alles den Überblick hat und in kürzester Zeit eine kleine Exkursion zusammengestellt hat, oder Armin, der „jetzt dann bald mehr Zeit haben wird und diese beim BUND sinnvoll nutzen möchte“. Dann sind da noch das Ehepaar Buob, die nicht nur als Vogelexperten über die Gebietsgrenzen hinaus bekannt sind, sondern auch schon seit 47 Jahren beim BUND mit dabei sind und André mit seinem schier unstillbaren Wissensdurst und Engagement für Umwelt- und Digitalisierungsthemen.

Gemeinsame Erkundung rund um Althengstett Exkursion mit BUND Gruppe Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Wunderschön liegt der Weiher am ersten Stopp im Sommerlicht. Die dicken Baumstämme davor laden zum Verweilen ein. Aus dem Gebüsch hören wir Vögel zwitschern und im Rohrkolben verstecken sich Amphibien. Auf der anderen Seite des kleinen Gewässers sehen wir ein Floß liegen. Genau hier liegt auch die Herausforderung. Die Menschen kommen hier her und genießen die Aussicht, sie spielen und gehen auf Entdeckungstour. Dabei stören sie, bewusst oder unbewusst, aber auch die Tiere und Pflanzen. „Wir möchten die Menschen ja dazu bringen, dass sie die Natur kennenlernen und lieben, wir sind aber auch immer etwas hin- und hergerissen, weil dabei auch viel kaputt gemacht wird. Bei so einem kleinen Biotop ist es nicht einfach, eine Schutzzone oder einen Rückzugsort einzurichten“, erklären mir die Mitglieder vom BUND Althengstett. „Wir bemerken, dass sich die Menschen nach Natur sehnen. Wenn es dann aber darum geht, der Natur etwas zurückzugeben, scheint es als würden sie Angst vor ihr haben. Beispielsweise hat es sehr lange gedauert, bis wir einen Standort für unser Schwalbenhaus finden konnten. Viele hatten Bedenken vor Schmutz oder anderen Störungen. Zum Glück unterstützt uns die Gemeinde immer wieder und hat uns einen Standort im Ortszentrum zugesichert. Jetzt geht es noch darum, dass wir das Projekt finanzieren. Rund 7.000 € wird das Schwalbenhaus kosten.“

 

Exkursion mit BUND Gruppe Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Durch ein kleines Wäldchen und entlang von Wiesen und Feldern gehen wir weiter. Karin Buob zeigt mit dem Arm auf eine Fläche: „Da vorne ist unserer Streuobstwiese. Wir haben sie schon vor vielen Jahren zur Nutzung bekommen. Mein Mann und ein paar Freiwillige mähen sie noch jedes Jahr von Hand. 2 Tage brauchen wir mit dem Balkenmäher, bis wir fertig sind. Mit dem Traktormäher würden die Bäume zu oft verletzt. Wenn wir gemäht haben, kommt der Bauer und nimmt das Gras für seine Tiere mit. Die Wiese ist deswegen nicht mehr so nährstoffreich und bietet vielen Blühpflanzen und damit beispielsweise auch Käfer und Insekten einen guten Standort.“ Vom Apfelreichtum wie rund um Pforzheim ist hier dieses Jahr leider nichts zu sehen. Anfang Mai hatte es nochmals Frost gegeben und viele Blüten sind erfroren.

Streuobstwiesen bieten vielen Arten einen Lebensraum. Leider gehen die Flächen aber sehr stark zurück. Gemeinsame Erkundung rund um Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Langsam gehen wir zurück und haben dabei auch Gelegenheit, uns über den Mobilfunk-Ausbau mit 5G-Antennen auszutauschen. 5G stellt die Weiterentwicklung der bestehenden Mobilfunknetze dar. Um die Leistungssteigerung realisieren zu können, werden „andere und wesentlich höhere Frequenzbereiche benötigt, weil nur dort die erforderlichen großen Bandbreiten vorhanden sind“ (Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit – BMU). Die Spannbreite der Diskussion reicht dabei von: „Keine bestätigten Belege für eine gesundheitliche Wirkung innerhalb der gültigen Grenzwerte und bei Einhaltung der an Mobiltelefone gestellten Anforderungen“ (BMU) bis hin zu „vorprogrammierten Gesundheitsschäden“ durch 5G (diagnose:funk) und weitergehenden Befürchtungen. Diagnose:funk kritisiert beispielsweise auf ihrer Homepage: „Anstelle den jetzt schon viel zu hohen Strahlungspegel konsequent zu senken, wird die Umwelt in einem Meer künstlicher elektromagnetischer Felder ertränkt. Kopfschmerzen, Konzentrations- und Schlafstörungen, Gefährdung der Fruchtbarkeit bis hin zum erhöhten Krebsrisiko durch Mobilfunk sind als Folgen nachgewiesen.“ Unabhängig dieser Kontroverse, „kommt den Kommunen eine wichtige Aufgabe zu: „Sie müssen bei der Standortsuche für neue Mobilfunkanlagen mitwirken und letztendlich die geplanten Sendeanlagen vor Ort aktiv unterstützen,“ so Andreas Scheuer, Bundesminister für Verkehr und digitale Infrastruktur und Svenja Schulze, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz und nukleare Sicherheit Im Schreiben „Informationen zum Mobilfunkausbau und zu 5G vom 30.03.2020.

Gemeinsame Erkundung rund um Althengstett Exkursion mit BUND Gruppe Althengstett  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Wir fahren weiter und treffen uns am letzten Standort und meinem persönlichen Highlight heute. Nicht, weil die anderen Projekte weniger interessant wären, sondern einfach deswegen, weil ich noch nie eine Gelbbauchunke gesehen habe – und ich bin nicht nur wegen meinem Job viel draußen unterwegs. „Im Kreis Calw“, so Barbara Fischer „gibt es eigentlich nur noch hier bei uns an der Erddeponie eine größere Gelbbauchunken-Population. Wir kümmern uns schon seit Jahrzehnten um den Erhalt und schaffen immer wieder neue Lebensräume für die Unke.“

Einhard Buob erklärt: „Die Gelbbauchunken brauchen Gewässer, die immer wieder trockenfallen. In Gewässern, die ständig mit Wasser gefüllt sind, gibt es zu viele Räuber. Die Kaulquappen haben dann keine Chance.“ Mit viel Fleiß und Herzblut hat die Gruppe hier ein wahres Unken-Paradies geschaffen. Die Teiche und Tümpel erstrecken sich wie Kaskaden am Hang entlang, werden mal überflutet und fallen dann wieder trocken. Bei großer Trockenheit im Sommer sorgt die Gruppe mit Frischwasser dafür, dass zumindest einige Tümpel mit Wasser gefüllt sind und die Unken einen Rückzugsort haben.

Gelbbauchunken bevorzugen stehende Gewässer und sind eng an die Gewässer gebunden. Als Lebensraum brauchen sie Gewässer, die von Zeit zu Zeit austrocknen Gelbbauchunke in den vom BUND Althengstett gepflegten Gewässern  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Ich höre von 200 Exemplaren, die hier letztes Jahr beobachtet wurden und bin schon ein bisschen enttäuscht, noch keines davon gesehen zu haben. Dann ein schwarzes Zucken in der Durchfahrrinne direkt unterhalb der Deponie. Eine kleine Gelbbauchunken-Kaulquappe taucht immer wieder auf und ab und macht Hoffnung, dass wir doch noch Unken sehen. Im letzten Teich hören wir die sonoren uh-uh-uh-Rufe der Unke und sehen ein ziemlich faul vor sich hintreibendes Exemplar auf der Wasseroberfläche. Von oben mit den Ockerfarben perfekt getarnt und von unten mit dem gelben Bauch wahrscheinlich ebenfalls kaum zu erkennen. Ein tolles Erlebn

Ich sehe vor mir eine Gruppe, die mit viel Begeisterung vor dem Teich steht und sich gemeinsam freut. Alle Unterschiede treten in diesem Augenblick zurück und es bleibt ein Gefühl von Stolz, dieses Biotop gemeinsam geschaffen zu haben.

Die BUND-Gruppe Althengstett entdeckt eine Gelbbauchunke. Eine Gelbbauchunke im Gewässer  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

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