BUND Regionalverband Nordschwarzwald

Bienenunterkunft-Bastlerinnen und -Bastler in der Hinterhofwerkstatt

Das Bienensterben wird seit ein paar Jahren in einer breiten Öffentlichkeit diskutiert. Vielen ist daher bekannt, dass Bienen vor allem unter dem hohen Pestizideinsatz in der Landwirtschaft leiden und zugleich als fleißige Bestäuber für die Produktion vieler landwirtschaftlicher Erzeugnisse unentbehrlich sind. „In dieser Diskussion“, so Ralf Aldinger vom NABU Nagold/Altensteig, „wird die Situation oft nur verkürzt dargestellt. Es müsste deutlicher darauf hingewiesen werden, dass es sich bei der Honigbiene um ein vom Menschen gefördertes Haustier handelt, bei dem trotz der vorhandenen Beeinträchtigungen durch den Gifteinsatz keineswegs von einer Bestandsgefährdung gesprochen werden kann. Im Unterschied zur Honigbiene sind allerdings etliche der heimischen Wildbienenarten vom Aussterben bedroht.“

Leider werden immer noch Wildbienenunterkünfte verkauft, die nicht den Ansprüchen der Bienen entsprechen. Sie werden nicht angenommen. Wie es besser geht, diskutieren BUND und Nabu in Nagold Wildbienenenunterkünfte richtig bauen. Vortrag Thomas Ebinger (links) und Ralf Aidinger (Nabu, rechts unten)  (Patrick Maier / BUND Nordschwarzwald)

Ich ziehe mein Blouson aus, lege meine Tasche weg, hole meine Kamera raus und suche nach meinem Block. Im Stillen denke ich, wie schön es ist, einen Job machen zu dürfen, in dem ganz selbstverständlich ein Austausch über die Verbandsgrenzen hinweg funktioniert und wo das Wissen und nicht das Meinen im Vordergrund steht. Ich freue mich, die Mitglieder vom BUND Nagold und mit Ralf Aldinger auch einen der Beiräte vom NABU Nagold/Altensteig kennenzulernen. An diesem Abend, das ist nicht allzu schwer zu erraten, wird es um den Bau von Wildbienen-Nisthilfen gehen. Auf einem großen Tisch liegen verschiedene Bienenunterkünfte und Baumaterialien, und auch die eine oder andere Broschüre über Wildbienen habe ich schon entdecken können.

Mit Ralf hat die BUND-Nagold-Gruppe einen erfahrenen Nisthilfenbastler eingeladen. Kurzweilig und anschaulich erklärt er, worauf es beim Bau und der Aufstellung der Unterkünfte ankommt. Jahrelange Praxis und viel theoretisches Wissen sind dabei im Vortrag wunderbar miteinander verknüpft. Ralf nimmt ein Stück Holz in die Hand und zeigt es in die Runde: „Zum Bau einer Nisthilfe kann man zum Beispiel so ein Holzscheit verwenden und es mit Bohrungen versehen. Wichtig ist, dass man Hartholz nimmt, also Buche, Eiche, Esche... Nadelhölzer sind auf Grund ihrer Struktur und des Harzgehaltes nicht so gut geeignet. Die zukünftigen Brutröhren müssen sauber in das entrindete Holz gebohrt werden, und die Einflugöffnungen dürfen keine scharfen Kanten oder Spreißel aufweisen. Am besten wird die Oberfläche daher nach dem Bohren geschliffen oder abgeflammt. Oder die Eingänge werden mit einem Kegelsenker gesäubert. Die Lochdurchmesser können zwischen 2 und 10 Millimetern betragen, mit den unterschiedlichen Lochgrößen lassen sich unterschiedliche Arten anlocken. Wer sich bei der Länge der Bohrungen unsicher ist, kann die 10 zu 1 Regel anwenden: die Röhre sollte mindestens 10-mal so lang wie breit sein. Bei einem Loch mit einem Zentimeter Durchmesser muss der Gang also mindestens 10 Zentimeter tief ins Holz gebohrt werden. Weiter ist darauf zu achten, dass nicht durchgebohrt wird, die Röhren müssen hinten geschlossen sein! Bei der Anordnung der Bohrlöcher kann man seiner Kreativität freien Lauf lassen, die Löcher sollten wegen der Gefahr von Rissbildung nur nicht zu eng neben einander gesetzt werden. Außer aus Hartholz können Nisthilfen auch aus Schilf, Bambus oder markhaltigen Stängeln gefertigt werden, wobei markhaltige Stängel, um für die darin nistenden Arten interessant zu sein, auf jeden Fall vertikal aufgestellt werden müssen. Sogar Dachziegel in Form sogenannter Strangfalzziegel, welche eine längsorientierte Lochung aufweisen, werden gerne angenommen. Die häufig verwendeten Kiefern- oder Fichtenzapfen funktionieren gar nicht. Gleiches gilt für Heu, Stroh, Holzwolle und Lochziegel."

Immer wieder sind Nisthilfen zu sehen, die optisch zwar ansprechend gestaltet, jedoch nicht auf die Bedürfnisse der Wildbienen abgestimmt sind. Auch von den im Handel erhältlichen „Bienenhotels“ sind viele ungeeignet. Da die Bienen die Nisthilfen viele Jahre lang nutzen, sollte z.B. auf die Verwendung dauerhafter Materialien Wert gelegt werden. Oft werden durchaus geeignete Materialien nur falsch dargeboten oder es mangelt an einer fachgerechten Bearbeitung; das Anbohren des Hirnholzes sollte z.B. unterlassen werden, da sich in diesem Fall leicht Risse bilden können und die Bohrungen für die Bienen so über kurz oder lang uninteressant werden. Wer das alles berücksichtigt kann über die Jahre beachtliche Populationen z.B. der wunderbar orange-rot gefärbten und wegen Ihrer Größe und dichten Behaarung hummelartig anmutenden „Gehörnten Mauerbiene“ oder der „Rostroten Mauerbiene“ aufbauen. Beide Arten sind recht häufig und bei der Wahl Ihrer Futterpflanzen nicht wählerisch. Mit geeigneten Wildpflanzen und etwas Geduld lassen sich aber auch spezialisierte Arten wie die “Glockenblumen-Scherenbiene” oder die “Natternkopf-Mauerbiene” anlocken, welche sich und Ihre Brut fast ausschließlich mit Pollen und Nektar nur einer Pflanzenfamilie versorgen.

„Mit den hier gezeigten Nisthilfen,“ erklärt Ralf, „werden in erster Linie Arten gefördert, die in Ihrem Bestand noch nicht gefährdet sind, einige dieser Arten sind sogar in der Ausbreitung begriffen. Diese Nisthilfen sind viel mehr eine schöne Möglichkeit, um die Tiere beobachten zu können. Gut platziert lassen sich damit bereits im darauffolgenden Frühjahr Einblicke in eine faszinierende Welt gewinnen. Die Bienenunterkünfte sollten dabei so ausgerichtet werden, wie man es selbst auch gerne mag: sonnig, warm und trocken, zur bequemen Beobachtung am besten auf Augenhöhe. Wichtig ist, dass an einen geeigneten Wetterschutz gedacht wird und die Nisthilfe stabil steht oder hängt, denn pendelnd mögen es die Bienen gar nicht. Wenn das Umfeld vor den Einflugöffnungen dann noch hindernisfrei ist, hat man alles richtig gemacht.“

Leider leiden viele Wildbienenarten unter dem fortschreitenden Verlust von Lebensräumen. In unserer Landschaft fehlen zunehmend extensiv bewirtschaftete Wiesen, Blühpflanzen und Hecken, Böschungen und Steinriegel, Löss- und Lehmwände sowie stehendes Totholz. Überaus beklagenswert ist auch die Entwicklung in den (Vor-) Gärten, denn perfekt getrimmte Rasenflächen oder sorgsam angelegte Schotterbeete sind für Insekten ökologische Wüsten! Wer sich also mit dem Bau von Bienenunterkünften befasst, der sollte sich auch über die Gestaltung seines Gartens Gedanken machen. In einem bunten und naturnahen Garten finden viele Wildbienenarten das, was sie zum Leben brauchen.

Worauf kommt es bei Wildbienenunterkünften an? Mitglieder des BUND Ortsverbands Nagold und Rald Aidinger (Nabu, großes Bild, Mitte)  (Patrick Maier / Bund Nordschwarzwald)

Bei Brezeln, Snacks und einem kühlen Radler entwickelt sich eine rege Diskussion über die Möglichkeiten, für Bienen und den Naturschutz einzustehen. Thomas Ebinger, Vorsitzender der BUND-Gruppe, berichtet von tagesfüllenden Pflege-Aktionen und wie heute noch die Kinder von damals mit leuchten in den Augen von Zeltlagern erzählen, die wegen sintflutartigen Regenfällen abgebrochen werden mussten. Es macht Freude, eine Gruppe zu sehen, die sich für eine ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich nachhaltige Region einsetzt. Darunter fallen zum Beispiel das Fuß- und Radwegekonzept, der Nagolder Baumweg, das Schmetterlingsprojekt oder das Reparatur-Café. „Schön wäre es“, so wird mir berichtet, „wenn wir in Zukunft wieder mehr neue Mitglieder begrüßen dürften.“ Und mit einem kleinen Schmunzeln hinterhergeschoben: „Klar, den Wunsch hat jeder Verein. Im Vergleich zu anderen Vereinen kann sich bei uns jeder in seinem eigenen Rahmen einbringen. Wir haben Arbeiten, wo handwerkliches Geschick gefragt ist, wo man Ausdauer braucht, wo ein gutes Auge sinnvoll sind und wir haben Projekte, bei denen man auch ohne Probleme nur eine Zeit lang mitmachen kann. Neben einem guten Gefühl kommt natürlich auch das Gesellige nicht zu kurz.

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