Klimawette: Springen oder nicht springen?
Berichte über Überflutungen sind im Sommer 2021 fast schon Normalität. Nach 3 Jahren Dürren ist es zumindest aus klimatologischer Sicht spannend, dass es nur noch Extremlagen zu geben scheint. Passend zu den weltweiten Bränden warnt der neue Uno-Weltklimabericht, dass die kritische Schwelle der Erderwärmung schon 2030 gerissen werden könnte (Spiegel, 9.8.2021: Kritische Schwelle der Erderwärmung könnte schon 2030 gerissen werden). Wer die Arbeitsweise und Zeitschienen der Wissenschaft kennt weiß, dass dieses Ereignisse noch keinen Eingang in den Text gefunden haben dürften. So klar die Ergebnisse der Klimastudien sind, so begründet sind auch die Hoffnungen, dass wir – jetzt – noch etwas tun können um das Schlimmste abzuwenden. Eine gute Interpretation der Ergebnisse des IPPC-Reports von Prof. Rahmsdorf finden Sie ebenfalls im Spiegel: Was der neue Bericht des Weltklimarats für uns bedeutet
Die Idee von Michael Bilharz, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftler, Experte für nachhaltigen Konsum beim Bundesumweltamt und Initiator der Klimawette ist einfach „Wir bringen die Stimme von 1 Million Menschen und 1 Million Tonnen eingespartem CO2 zur nächsten Weltklimakonferenz nach Glasgow! Denn das 1,5-Grad-Ziel ist noch zu schaffen – gemeinsam. Wetten?!“ 6000 Kilometer auf dem Rad und 200 Kommunen hat sich Bilharz bis September vorgenommen. Am 26.7.2021 machte die Klimawette halt in Pforzheim. Einen Bericht der bnn dazu finden Sie hier: Pforzheim beteiligt sich an bundesweiter Aktion: Klimawette soll 1.913 Tonnen CO2 einsparen. Wie bei der Tour ist es auch bei der Energiewende. Beides ist wie ein kleiner Bach vor dem wir als Kind gestanden haben. Er ist nich sehr breit und wir können theoretisch drüber springen. Letzendlich stellt sich nur die Frage, ob wir mutig genug sind und es einfach machen.
Pforzheim macht mit!
Erfreulicherweise hat die Stadt Pforzheim (Link zur Webseite der Stadt) die Klimawette angenommen. Gemeinsam mit Bürgermeisterin Sibylle Schüssler (Grüne) und der Unterstützung des wasserscheuen Roboters NOX konnte zum Auftag eine erste Tonne CO2 weggeboxt werden. Ziel sind noch weitere 1912 Tonnen bis zur Weltklimakonferenz.
Parteien mit dabei
Neben den Verbänden und interessierten Bürgerinnen und Bürgern waren auch die demokratischen Parteien aus Pforzheim und dem Enzkreis vertreten. Andreas Sarow (Stadtrat CDU), Stefanie Seemann (Landtagsabgeordnete der Grünen), Annkathrin Wulff (Kreisvorsitzende der SPD Pforzheim, Bundesparteitagsdelegierte und Eigentümerin des farbenfrohesten Fahrrads), Meltem Çelik (Bundestagskandidatin der Linken) und Erik Schweickert (FDP) haben sich im Rahmen der Klimawette den Fragen und der politischen Diskussion gestellt. Es war ein bisschen so wie im Bundestagswahlkampf auch. Deshalb hier die kurze Zusammenfassung: SPD, Linke und Grüne positionieren sich für mehr Klimaschutz und die Mobilitätswende, an die Aussage der CDU kann ich mich nicht mehr erinnern – ich bitte dafür um Verzeihung und reiche das gerne nach — und die FDP sieht ein Fahrrad und gibt zu Protokoll, sich schon seit Jahren für den Ausbau des Enztalradwegs einzusetzen – auch nett und nicht ganz falsch, aber eben auch nicht ganz das Thema Klimaschutz und Glasgow getroffen. Wie es besser geht, hat Peter Heissenberger von Critical Mass vorgemacht und die Kohletonne nicht nur einmal umgestoßen.
Zum Schmunzeln und Nachdenken: Der wasserscheue Roboter NOX
Viele wirtschaftsnahe Lobbyverbände und wirtschaftsliberale Parteien/Parteiflügel setzten gerne auf technische Lösungen, um dem Klimawandel zu begegnen. Dazu gehören beispielsweise CCS (CO2 Capture and Storage, also die Abscheidung von CO2 im Prozess und die nachträgliche Speicherung im Untergrund), oder wasserstoffgetriebene Antriebe. Mit Blick auf den beeindruckenden Roboter NOX, der mühelos die große Tonne Kohle umstoßen konnte, dann aber behütet und unter dem Schutz der Regenschirme von dannen zog, sind gewisse Zweifel an dieser Strategie und dem Vertrauen in die Technik angebracht. Vielleicht wäre es einfacher, diese Tonne erst gar nicht entstehen zu lassen und nicht umstoßen zu müssen.