Umweltbildung hautnah - Ein Wochenende auf der Teufelsmühle
„Hört ihr das?“ fragt Klaus Faaß in die Runde. „Das ist das Regenlied des Buchfinks.“ Wir lauschen gespannt und fragen uns dabei, ob der Buchfink wohl recht bekommen wird…
Britta und Klaus Faaß ist es irgendwie über die Jahre gelungen, einen Fuß in die wunderschön gelegene Teufelsmühle zu bekommen. Auf rund 900 Meter gelegen ist sie eine der höchstgelegenen Aussichts- und Übernachtungsmöglichkeiten am nördlichen Ende des Schwarzwaldes. Weiter Richtung Norden hin geht die Landschaft in flacheres Hügelland und die Rheinebene über. Besonders für Vögel und Insekten ist das Gebiet interessant. In den tief eingeschnittenen Tälern der Murg im Westen, der Alb im Osten und dem Rheintal im Norden ist finden sie geschützte und relative warme Lebensräume. Auf den Hochflächen zwischen Teufelsmühle und Kaltenbronn wirkt die Landschaft fast schon skandinavisch. Dazu kommen die Aufwinde im Hangbereich, die sich nicht nur die Vögel, sondern auch die Menschen mit ihren Gleitschirmen zunutze machen.
Nach und nach kommen die BUNDlerinnen und BUNDler aus den unterschiedlichen Regionen zur Teufelsmühle bei Loffenau im Landkreis Raststatt. Der Nordschwarzwald ist mit Teilnehmenden aus Pforzheim und Umgebung, Biet, Straubenhardt und Mühlacker fast komplett vertreten. Selbst der BUND Bruhrain aus der Region Mittlerer Oberrhein ist da. Zusammen tragen wir das mitgebrachte Essen und Getränke in die Küche der Teufelsmühle. Die beiden Holzöfen knistern und sorgen für gemütliche Wärme.
Gegen 19 Uhr wandern wir los. Immer wieder bleiben wir stehen. Hier singt der Zilpzalp und da ein Sommergoldhähnchen. Unser Vogelführer Klaus Faaß hat fast zu jedem Vogel und jedem Insekt eine spannende Geschichte parat. Der Mauersegler fliegt beispielsweise Nonstop nach Südafrika und übertrifft damit sogar den Weißstorch, der immer wieder Zwischenlandungen einplant. Zum Glück hatte der Buchfink mit seinem Regenlied bei uns nicht Recht. Bei uns ist es trocken geblieben. Allerdings sind ein paar Kilometer nördlich Schauer durchgezogen.
Nach einem gemütlichen Abendessen gab es noch einen tollen Vortrag zu unseren heimischen Wildbienen. Die meisten der präsentierten Bilder sind im Wildbienengarten der Familie Faaß aus Straubenhardt entstanden. Ein faszinierender Ort, der bisher alle Besucher*innen in seinen Bann gezogen hat. Überall blüht, wächst und summt etwas. Über wenige Jahre hinweg wurde hier aus einer kurz gemähten Grünfläche ein schöner und aufregender Garten, der sich immer wieder verändert und den Lauf der Jahreszeiten widerspiegelt. Er ist Lebensraum für eine Fülle von Pflanzen und Tieren und ein Paradebeispiel dafür, dass Gärten mit wilden Ecken eben nicht unordentlich sind, sondern wunderschön und bereichernd sein können
Erst nach Mitternacht sind nach und nach alle in ihren Betten und Campern verschwunden und am nächsten Morgen von den Vögeln geweckt worden. Ich glaube, dass es bei mir eine Wacholderdrossel war. Mit Kaffee und einem umfangreichen Frühstück sind wir gemütlich in den Tag gestartet und haben danach unsere Stände und Sitzmöglichkeiten aufgebaut. Ein Stand zur Wildbiene, einen zur Wildkatze, eine Wiesenfläche für die Musik und Tische und Bänke für Kaffee, Kuchen und Getränke. Im Laufe des Tages zieht dieses Angebot viele vorbeikommenden Wanderer an, die sich über unsere Themen informieren und es ergeben sich immer wieder gute Gespräche an diesem besonderen Ort mitten in der Natur.
Wildbienen
Bei den Wildbienen- und Insektenunterkünften wird von Bau- und Supermärkten leider viel Schmu getrieben. Es werden Unterkünfte verkauft, die im besten Fall nicht angenommen werden und im schlechtesten Fall für die Tiere schädlich sind.
Schneckenhäuser, Kiefernzapfen und Heu-Knäule funktionieren nicht für Wildbienen. Wildbienen brauchen vor allem dünnere Gänge. Plastikröhrchen und Nadelhölzer bieten zwar Gänge, lassen die Brut aber verfaulen (Plastik), oder zerstören die Flügel (Nadelholz). Nadelholz bildet beim Bohren Spreißel und hat oft einen hohen Harzanteil. So werden die hauchdünnen Flügel bei der Eiablage oder beim Schlüpfen zerstört. Die Biene kann sich nicht mehr Fortpflanzen und stirbt. Werden die Löcher dazu noch ins sogenannte Stirnholz gebohrt, bilden sich oft Risse. Das gefährdet die Brut zusätzliche. Also Finger weg von schlechten Bienenunterkünften!
Was macht dann gute Bienenunterkünfte aus? Zuerst einmal sind sie aus trockenen Laubhölzern gemacht. Als Holzarten eigen sich Esche, Buche, Hainbuche, Obstbaumhölzer oder Eiche. Eiche ist allerdings sehr hart und wird beim Bohren schnell heiß. Die Löcher haben unterschiedliche Durchmesser (2—10 mm) und sind tief (Faktor Durchmesser zur Lochtiefe 1:10) genug. Sie wurde nicht ins Stirnholz, sondern quer zur Holzmaserung gebohrt. Es hat sich gezeigt, dass Bienen angekokeltes Holz meiden – daher sollte immer vorsichtig und mit einem guten Bohrer gearbeitet werden. Wichtig ist, dass die Oberfläche mit einem Schmirgelpapier und die Gänge mit entsprechend großen Rundfeilen geglättet werden. Sehr umfangreiche und gute Hinweise zum Bau von Nisthilfen finden sich auf der Webseite von Paul Westrich.
Antworten auf häufige Fragen sind:
Sind Wildbienen gefährlich? Es gibt nur ganz wenige Bienen, die ihre Nester verteidigen und den Menschen stechen können. Das sind die Honigbiene und manche Hummeln. Bienenunterkünfte sind damit keine Gefahr für Menschen, insbesondere Kinder. (Link Paul Westrich)
Sind Wildbienenunterkünfte sinnvoll? Nein und Ja. Bienenunterkünfte werden nur von relativ wenigen Arten bezogen. Dazu gehören vor allem häufige Arten. Für seltene Arten stellen sie keine Hilfe dar. Trotzdem sind sie sinnvoll. Durch das Beobachten und Befassen mit Wildbienen entsteht oft ein tiefergehendes Verständnis für die Natur und ihre Schönheit.
Was gehört noch zu Bienenunterkünften? Am allerwichtigsten ist, dass es im Garten oder auf dem Balkon über das ganze Jahr hinweg ein großes Pflanzenangebot (heimische Arten!) gibt. Das hilft auch den seltenen Arten. Im Sommerhalbjahr sind Stauden und Blühpflanzen wahre Bienenmagnete. Über den Winter sollte immer ein Teil der Wiese und Pflanzen als Altgras stehen gelassen werden, weil sich darin die Eier der nächsten Bienengeneration befinden. Also bitte nicht zu früh mähen und nächstes Jahr beim „Mähfreimai“ (Link SWR) mitmachen. Insgesamt sollten wir mehr wilde und interessante Ecken mit Brennnesseln, Sträuchern und Wildpflanzen stehen lassen und in den Garten integrieren.
Wildkatzen
Wildkatzen sind beeindruckende und scheue Tiere. Ihre Zahl war sehr stark dezimiert und ist auch heute alles andere als rosig. Vor allem der Lebensraumverlust und der Straßenverkehr hat ihnen stark zugesetzt. Mit unserem neuen Wildkatzenrucksack können wir die Wildkatze und ihre Lebensraumansprüche spielerisch und einprägsam kennenlernen.
Die echte Wildkatze (das Wildtier) ist die europäische Wildkatze. Manche Hauskatzen sehen ihr zum Verwechseln ähnlich. Hauskatzen stammen aber von der Afrikanischen Wildkatze ab. Wenn sich die beiden Katzen paaren, vermischen sich die Gene. Auf Dauer kann das dazu führen, dass die europäische Wildkatze genetisch verarmt. Weil sich die Katzen oft sehr ähnlichsehen, ist ein sicherer Nachweis auch nur über genetische Haarproben möglich. Mit einem Sexuallocksoff (Baldrian-Extrakt) werden die Wildkatzen angelockt. Sie reiben sich an einem Holzpfosten und lassen ein paar Haare zurück. Diese Haare werden überprüft.
Wildkatzen brauchen schöne und abwechslungsreiche Landschaften. In Wiesen und Hecken finden sie genug Nahrung. Auf der Speisekarte stehen Mäuse, Vögel, Eidechsen, Insekten und vieles andere. Wildkatzen brauchen Wälder mit Totholz damit sie sich verstecken und ihre Jungen großziehen können. Wildkatzen brauchen verbundene Lebensräume. Der BUND arbeitet gerade genau an diesem Punkt. Wildkatzen sind im Straßenverkehr gefährdet. Über Grünbrücken kann die Gefahr punktuell etwas vermindert werden.
Eine der sinnvollsten Verbesserungen für Menschen und Tiere gibt es kostenlos. Wenn wir auf (Land-)straßen nur noch mit Tempo 70 oder 80 fahren würden, könnten viele Unfälle – nicht nur mit der Wildkatze – vermieden werden.
Warum sehen (Wild-)Katzen bei Nacht so gut?
Wildkatzen haben an die Dämmerung und Nacht angepasste Augen. Sie haben viel mehr Nervenzellen (Stäbchen) im Auge für das Hell- und Dunkelsehen als beispielsweise wir Menschen.
Dazu haben Katzen im Auge noch eine reflektierende Schicht (Tapetum), die dazu führt, dass einfallendes Licht die Netzhaut ein zweites Mal passiert. Das Hell-Dunkel-Sehen wird so bei wenig Licht nochmals deutlich verbesset. Diese Reflektionsschicht ist der Grund, warum Katzenaugen leuchten, wenn sie angestrahlt werden.
Wir Menschen haben Rot-Grün- und Blaurezeptoren (Zapfen). Daraus ergeben sich die Farben, die wir sehen können. Katzen haben lediglich Blau- und Grünrezeptoren. Ihre Welt sieht damit anders aus als unsere. Sie ist etwas weniger bunt. Dafür können Katzen aber auch ultraviolettes Licht sehen. Ein schöner Mensch-Katzen-Vergleich finden Sie hier: Spiegel: Kunstprojekt: Kätzchens fehlende Weitsicht
Fazit
Das Wochenende auf der Teufelsmühle hat Menschen zusammengebracht, die sich vorher nicht oder kaum gekannt haben.
Es war ein Wochenende ohne Fernseher, fließendes Wasser und Zentralheizung – und genau darin lag der Charme. Trinkwasser war plötzlich ein begrenztes Gut und Wärme war mit Arbeit und Feuermachen verbunden. Musik kam nicht aus dem Radio, sondern wurde selbst gemacht. Man musste nicht in die Natur gehen – die Natur mit Vögeln, Schmetterlingen und Insekten war um uns herum. Es war schön und einfach, oder anders gesagt: einfach schön!